Philipp Fauth

Philipp Johann Heinrich Fauth wird am 19. März 1867 in Bad Dürkheim, Rheinland-Pfalz, in eine alteingesessene Dürkheimer Töpferfamilie geboren. Beeinflusst von der künstlerischen Neigung seiner Eltern entwickelt er früh eine Leidenschaft für Kunst und Musik, aber auch für die Astronomie, nachdem ihm sein Vater den nächtlichen Sternenhimmel erklärt. Auch der 1874 mit bloßem Auge sichtbare Komet von Coggia macht Eindruck auf den Jungen. Auf der Lateinschule vertieft er sich im Selbststudium in die Astronomie. Nach seiner Ausbildung zum Volksschullehrer 1882-1885 in Kaiserslautern beginnt er 1885 mit eigenen Fernrohrbeobachtungen, zwei Jahre später bereits mit einem ansehnlichen 72 mm-Instrument. Ebenfalls 1885 heiratet Philipp Fauth die zwei Jahre jüngere Philippine Feil, mit der er drei Kinder bekommt: Hedwig (geb. 1893), Ernst (geb. 1897) und Hermann (geb. 1902).

Nach Stationen in Kindenheim (Landkreis Bad Dürkheim), Dreisen (Donnersbergkreis), Bockenheim a.d. Weinstr., Kaiserslautern, wo er seine erste Sternwarte auf dem Lämmchesberg einrichtet, und Oberarnbach (Landkreis Kaiserslautern) wird er 1895 nach Landstuhl versetzt, zwanzig Kilometer westlich von Kaiserslautern. Hier erbaut er sich noch 1895 seine zweite Sternwarte auf dem Kirchberg, einen hohen runden gemauerten Sandsteinturm (siehe Abb.), der über die Baumwipfel des Hochwalds hinausragt und in dessen unmittelbarer Nachbarschaft fünf Jahre später der Bismarckturm entsteht. Zu jeder Beobachtung muss er eine halbe Stunde Waldweg und eine Steigung von 135 m Höhe überwinden, in manchen Nächten macht er das zwei- oder dreimal. Zum Einsatz kommt ein apochromatisches (farbtreues) 176,5 mm-Fernrohr, das ihm der bekannte Optiker Max Pauly (Fa. Zeiss, Jena) für sieben Jahre zum Prüfen und Arbeiten überlassen hat. 1899 zieht die Familie in ein neuerbautes zweistöckiges Eigenheim in der Saarbrücker Straße 15 (gegenüber der Esso-Tankstelle), an dem heute eine Gedenktafel an ihn erinnert.

Mit seinem "Atlas mit 25 topographischen Spezialkarten des Mondes" von 1894 erwirbt Fauth sich erste Anerkennung als Mondkartograf. Bis 1899 findet er 2'522 neue Krater und Rillen auf dem Mond, bis Ende 1902 sind es 5'594. Professor Wilhelm Foerster, der Direktor der Berliner Sternwarte, regt ihn zu seinem ersten Buch "Was wir vom Monde wissen" an, welches 1906 herauskommt (englische Ausgabe 1908). Foerster will ihm auch zur Direktorenstelle an der neuen Sternwarte in Mexiko-City verhelfen, was Fauth aber ablehnt, da er seinen Lehrerberuf und seine akademische Freiheit nicht aufgeben will.

Ab 1900 widmet Fauth sich in enger Zusammenarbeit mit dem Wiener Ingenieur Hanns Hörbiger der Abfassung des 790 Seiten starken Buchs "Hörbigers Glazialkosmogonie" über die Welteislehre, einer umfassenden Theorie über die Entstehung des Sonnensystems, welches 1912 erscheint. Er nennt es seine "zweite Lebensarbeit", die ihm aber aufgrund der vielen wissenschaftlich unhaltbaren Thesen große Ablehnung in der Fachwelt einbringen wird.

Durch eine großzügige private Spende kann Fauth sich 1911 ein eigenes erstklassiges Instrument leisten: das "Schupmann-Medial" (siehe Abb.) mit 385 mm Öffnung bei nur 385 cm Brennweite (1:10), das sich in einem relativ kleinen Bau unterbringen lässt. Die dafür notwendige Sternwarte, die dritte des Privatastronomen, entsteht 180 m südlich der ersten als Zinkblechkuppel von nur 5 m Höhe und mit einfacher Ausstattung.

In der Novemberrevolution 1918 wird Fauth nach einer selbstbewusst vorgetragenen Versammlungsrede zum Vorsitzenden des Soldaten-, Arbeiter- und Bürgerrats von Landstuhl gewählt, den die französischen Besatzungstruppen bereits im Dezember 1918 nach ihrem Einmarsch wieder auflösen. Fauth, der hier demokratische Verantwortung in einer gefährlichen Zeit übernimmt, nutzt das Amt, um "mäßigend" auf alle Beteiligten einzuwirken.

1920 stirbt seine Frau Philippine mit 51 Jahren.

Im Juli 1923 wird Fauth von der französischen Besatzung der Pfalz im Gefolge des passiven Widerstands ausgewiesen. Hiermit endet eine sehr produktive, 28 Jahre dauernde Zeit in Landstuhl. In dieser Zeit hat er verfasst: 1898 die "Beobachtungen der Planeten Jupiter und Mars aus den Oppositionen von 1896-97" (mit 147 Abb. und 5 Karten), 1904 zusammen mit Adolf Mang den "Wegweiser am Himmel", 1906 das erste Mondbuch "Was wir vom Monde wissen" (engl. Ausgabe 1908), 1908 (wieder mit Mang) die "Einfache Himmelskunde", 1912-13 "Hörbigers Glazialkosmogonie" und im Kriegsjahr 1916 als vierte Publikation "25 Jahre Planetenforschung". Er hat in Landstuhl unzählige Mondskizzen, Tausende von Sonnenfleckenzeichnungen und fast dreitausend Jupiterbilder gezeichnet sowie eine große Anzahl von Aufsätzen, wissenschaftlichen Artikeln und Briefen mit seinen Beobachtungserfahrungen verfasst und über diese deutschlandweit Vorträge gehalten.

Fauth wird anschließend eine Lehrstelle in München zugewiesen. Er lernt Berta Heinrich kennen, die er noch im November 1923 heiratet. Er lässt es danach ein wenig ruhiger angehen und benutzt nur noch gelegentlich ein Fernrohr am Deutschen Museum. 1925 geht er nach 40 Dienstjahren achtundfünfzigjährig vorzeitig in den Ruhestand. 1926 beginnt er die Bleistiftentwürfe der großen Mondkarte, die er 1929 vorläufig beendet, um sie bis zu seinem Tod immer wieder zu überarbeiten und zu verbessern. 1930 zieht das Ehepaar nach Grünwald (14 km südlich von München), wo Fauth am Ortsrand seine vierte Sternwarte mit dem nachgeholten Medial errichtet, in der er noch ein volles Jahrzehnt ununterbrochen bis zu seinem Tode am 4. Januar 1941 tätig bleibt, die letzten vier Jahr davon als Angestellter der NS-Forschungsorganisation "Deutsches Ahnenerbe". Mindestens sechsundsechzig Zeitungen und drei akademische Zeitschriften bringen Nachrufe auf Fauth.

Auch außerhalb der Astronomie war Philipp Fauth zeitlebens unerhört umtriebig und vielseitig interessiert gewesen. Zuerst einmal war er natürlich im Hauptberuf Volksschullehrer und organisierte als solcher monatliche Lehrerzusammenkünfte. Er interessierte sich für Heimatgeschichte und war Gründer und erster Schriftleiter der "Pfälzischen Heimatkunde", er veröffentlichte Heimatkundliches (z.B. "Spezialkarte für Landstuhl und nächste Umgebung", "Wasserdampf-Eruption bei Neustadt"), war Verfasser einer (verlorengegangenen) Stadtchronik von Landstuhl, verfolgte das Wetter mit einer Wetterstation, er gründete die Landstuhler Ortsgruppe der "Pollichia", er war Vorstand des Turn- und Sportvereins Landstuhl, er spielte Orgel in der Kirche und leitete den Kirchenchor, dirigierte das Orchester des Musikvereins Landstuhl, spielte Geige und musizierte mit Freunden; in München spielte er zweimal mit einer Klavierpartnerin vor 300 Zuhörern der pfälzischen Exilgemeinde Violinsonaten (u.a. Beethovens Frühlingssonate).

Nach Hermann Fauth: "Erläuterungen zur Mondkarte", 1964 und Hermann Fauth, Freddy Litten: "Philipp Fauth - Leben und Werk", 1993


Briefe von Fauths jüdischen Schülern

Fauths ehemaliger jüdischer Schüler Richard Levy kondoliert aus Berlin zum Tode von Fauths erste Frau Philippine 1920, sein Brief drückt ehrliches Bedauern aus [1].

Bln[Berlin]-Schöneberg, den 16. April 1920

Sehr geehrter Herr Lehrer !

zu meinem aufrichtigen Bedauern erfuhr ich von meiner Kusine Ella Aron, daß Ihre lb. [liebe] Frau Gemahlin einer tückischen Krankheit zum Opfer gefallen ist. Erlauben Sie mir, Ihnen und Ihren Kindern mein und meiner Eltern herzlichstes Beileid auszusprechen. Möge der liebe Gott Sie Alle in Ihren Schmerzen trösten und Ihnen helfen, den herben Verlust zu überwinden. Dies erhoffend, grüßt Sie und Ihre Kinder bestens

Ihr ehemaliger Schüler

Richard Levy

1961 erreicht ein weiterer Brief einer ehemaligen jüdischen Schülerin die Familie, genauer gesagt Philipp Fauths Tochter Hedwig. Er ist Hedwigs siebzigjährige ehem. Klassenkameradin Sidonie Haas, geb. Strauß, die mit ihrer Familie 1937 in die USA auswandern konnte [2,S.140,S.142].

[...] Wie oft denke ich an Deinen seligen Vater. Wie gerecht war er in der Schule in Landstuhl. Zu uns Juden durfte keiner ein Wort sagen. Wehe, wenn uns ein Kinde beleidigt hätte ! [...]


Ein Freiburger Juraprofessor widmet Philipp Fauth ein Gedicht

Der jüdische, später konfessionslose Juraprofessor Hermann Kantorowicz besucht Fauths Sternwarte 1920 anlässlich eines Lehrgangs in Landstuhl und dichtet anschließend untenstehendes Gedicht, was auf eine sehr herzliche Begegnung der beiden Herren schließen lässt, obwohl Fauth in seinem Besucher angesichts des Familiennamens sicherlich einen Juden vermutet haben dürfte (früher war das Wissen um jüdische Familiennamen in Deutschland begreiflicherweise stärker ausgeprägt als heute) [1].

An Fauth

Ob Schnee und Eis am Boden blaut,
Zum Turme eilends stapft der Fauth.
Wie naßkalt es vom Wipfel taut!
Da niest noch lange nicht der Fauth.
Und bis die Morgenröte graut,
friert stillvergnügt am Fernrohr Fauth.
Die hehrste Forschung kor als Braut
In ewig junger Liebe Fauth.
Was man sich kaum zu denken traut:
Den Weltentod - errechnet Fauth!
Und doch das kleinste Menschenkraut
Im Volksschulgarten hütet Fauth.

Nun aber sei's genug gekaut
Am Stift, ansonsten errötet Fauth.
Nur Eins noch wird im Herzen laut,
Der Wunsch: Lang lebe unser Fauth!


Die Abteilung Astronomie des Deutschen Ahnenerbes

Philipp Fauth nimmt 1937 als Siebzigjähriger eine Anstellung bei der NS-Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe e.V. an, welche 1935 von SS-Chef Heinrich Himmler gegründet worden war. 1938 verkauft er seine Sternwarte in Grünwald bei München an das Ahnenerbe und forscht darin weiter bis zu seinem Tod im Jahre 1941 [2]. Der nicht begüterte Fauth, der für seine Forschung immer auch auf finanzielle Unterstützung angewiesen war - neben der privaten Großspenderin Ellen Waldthausen von 1911 für den Erwerb des Medials waren dies je dreimal Förderungen durch die Preußische und die Bayerische Akademie der Wissenschaften gewesen [20] - kann so neben einem Gehalt auch die Betriebskosten seiner Sternwarte sichern. Vor seiner Anstellung äußert Fauth sogar, dass seine Familie schon jahrelang Opfer gebracht habe, damit er seine Forschungen durchführen könne [21].

Das Ahnenerbe hatte 1943/44 ungefähr 30 natur- und geisteswissenschaftliche Abteilungen und wurde vor allem bekannt durch archäologische Ausgrabungen (die oft germanisch interpretiert wurden), z.B. am Kriemhildenstuhl in Bad Dürkheim oder in Haithabu. Neben seriösen Fachgebieten und Wissenschaftlern fanden dort auch die Welteislehre und andere Pseudowissenschaften eine Heimat, für die Himmler sich interessierte [12]. Das Ahnenerbe wurde (zumindest 1937) überwiegend von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert, die auch heute noch die wichtigste deutsche wissenschaftl. Fördergesellschaft ist, der Reichsführer SS steuerte nur 3,5% der Einnahmen des Ahnenerbes bei. Die DFG-Mittel steigerten sich im Laufe der Jahre bis zu einer Höhe von 300.000 RM im Rechnungsjahr 1942/43 [13,S. 263]. Nach Fauths Tod wurde das Ahnenerbe am 17.04.1942 bei gleichzeitig weiterbestehendem Vereinsmantel als Amt A Teil des "Hauptamtes Persönlicher Stab Reichsführer-SS" und somit Teil der SS, um es "vor Stilllegungen und Einberufungen zu schützen" [14].

Die Abteilung Astronomie des Ahnenerbes, deren Leiter Fauth war, bestand nicht aus einem riesigen Apparat, sondern nur aus einer Sternwarte mit einem Forscher, nämlich Fauths ehemaliger Privatsternwarte in München-Grünwald und ihm allein, nur kurzzeitig von einem Assistenten unterstützt, hier rechts abgebildet. Strenggenommen ist noch Fauths Arbeitszimmer in seiner Wohnung hinzuzuzählen. Mit den anderen Abteilungen des Ahnenerbes außer der Abteilung für Wetterkunde (Leiter Robert Scultetus) hatte Fauth nichts zu tun. Konkret änderte sich für Fauth durch seinen Eintritt ins Ahnenerbe - bis auf die Bezahlung - wenig, insbesondere setzte er unverändert seine astronomischen Beobachtungen und die Arbeit an der Welteislehre fort. Durch die Möglichkeiten des Ahnenerbes, das sich ja auch Lehranstalt nannte, sah er, hierin ganz der Lehrer, auch die Chance zur Hebung der Volksbildung durch die Entwicklung eines "Volksteleskops", eines "Volksmikroskops" sowie der Eröffnung von Volkssternwarten. Es wären nicht die schlechtesten Projekte gewesen. Diese Pläne wurden aber nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges und wohl auch altersbedingt nicht mehr verfolgt [15].

1942, erst nach Fauths Tod, wurde das Institut für wehrwissenschaftliche Zweckforschung (IWZ) gegründet, das u.a. Menschenversuche mit KZ-Häftlingen durchführte. Es unterstand formal dem Ahnenerbe, wurde aber eigenständig betrieben und finanziert (von der Waffen-SS) wegen der Notwendigkeit der "völligen Geheimhaltung" und weil es "vom Forschungsgebiet und der Aufgabenstellung her nicht in den traditionellen Rahmen der Lehr- und Forschungsgemeinschaft passte"[22].

Als Astronom im Dritten Reich, der auch auf öffentliche Förderung angewiesen war, konnte Fauth NS-geführten Organisationen nicht aus dem Weg gehen, auch in der Forschung gab es nach der Gleichschaltung im Dritten Reich keine weißen Flecken mehr auf der braunen Landkarte. Zur Rolle der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der "größten nationalen Forschungsförderungseinrichtung Europas", im Dritten Reich siehe z.B. hier oder hier. Zum Verhalten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG, nach dem Krieg Max-Planck-Gesellschaft) in dieser Zeit kann man hier mehr erfahren, zu den Universitäten hier, zum (möglicherweise geringeren) Verstrickungsgrad der Akademien der Wissenschaft hier.


Replik auf die Darstellung der Stadt Bad Dürkheim vom 29.08.2023

In einem Schreiben vom August 2023 an die von einer geplanten Umbenennung der Philipp-Fauth-Straße in Bad Dürkheim betroffenen Bürger und auch auf einer neu erstellten Webseite der Stadt Bad Dürkheim (Abrufdatum 01.09.2023), deren Adresse hier nicht wiedergegeben werden muss, setzt sich die Stadt (wieder einmal) ohne Angabe eines Verfassers unter Einsatz von Techniken des politischen Schreibens mit Philipp Fauth auseinander.

Ein wenig guten Willen und Sitzfleisch müssen Sie für die folgenden Ausführungen mitbringen, aber es wird sich lohnen, versprochen ! Sollten Sie allerdings zu den Menschen gehören, für die der Fall erledigt ist, wenn sie die Worte "Hitler", "Himmler" und "Philipp Fauth" in einem Satz lesen müssen, können Sie sich die folgende Abhandlung sparen.

So setzt die Stadt z.B. zur Stigmatisierung der "Zielperson" in ihrem Schreiben die Technik der Personalisierung ein, d.h. sie verlagert Fauths unpersönliche Arbeitsbeziehungen auf eine persönliche Ebene bis hin zur Postulierung persönlicher Anteilnahme von SS-Chef Himmler und Hitler an der Person Philipp Fauths. So wird mit großer Sicherheit behauptet: "Durch die persönliche Fürsprache Adolf Hitlers wurde Fauth im Januar 1939 zum Professor ohne Bindung an eine Universität ernannt, ungeachtet der Einsprüche der LMU München angesichts Fauths fehlender wissenschaftlicher Qualifikation." Belege für eine persönliche Einflussnahme Adolf Hitlers wurden bisher nicht geliefert, obwohl Hitler eine der besterforschtesten und -dokumentiertesten Personen des 20. Jhdts. gewesen ist, sogar seine Tischgespräche wurden protokolliert. Der Satz ist auch logisch unsinnig. Bei wem hätte der Führer Adolf Hitler es nötig gehabt, Fürsprache einzulegen, etwa bei seinen Kanzleimitarbeitern, die die Urkunde ausfertigten ? Wollte die Stadt hier stattdessen eventuell "Heinrich Himmler" schreiben ? Wenn es auch vielleicht nur ein Versehen ist, so wird dem flüchtigen Leser doch damit suggeriert, auch Hitler hätte irgendwie seine Finger bei Fauth im Spiel gehabt.

Hitlers Beteiligung dürfte sich tatsächlich auf die Unterschrift unter der Ernennungsurkunde beschränkt haben, ein großes Interesse Hitlers an der Mondforschung ist (dem Autor) nicht bekannt und auch sein Interesse an der Welteislehre (eine pseudowissenschaftliche Theorie über die Entstehung und den Aufbau des Planetensystems, die Philipp Fauth vertrat) wird bei Brigitte Nagel, die das Standardwerk [18] zur Welteislehre im Dritten Reich geschrieben hat und dazu sehr unterschiedliche Aussagen zitiert, sehr differenziert betrachtet.

Treibende Kraft bei der Ernennung zum (Ehren)Professor [2,S.286] war Ahnenerbepräsident (und SS-Chef) Himmler, der in der Tat ein Unterstützer der Welteislehre und damit der Arbeit ihrer Protagonisten war [18,S.70 f]. Nicht auszuschließen ist, dass es Himmler mit der Ehrung vor allem auch um eine Hebung des (nie sehr hohen) wissenschaftlichen Ansehens des Ahnenerbes gegangen war, bei dem Fauth angestellt war. Vielleicht war es aber auch ganz anders, denn am 05.05.1965 schreibt R. Scultetus (Leiter der Abt. Wetterkunde im Ahnenerbe) an Hermann Fauth, dass er, Scultetus, "durch die Reichsführung SS die Ernennung (Fauths) zum Professor erreicht" habe (1). Eine "große Bewunderung" Fauths durch Himmler, was eine deutliche andere Qualität hat ("Der Reichsführer SS war ein großer Bewunderer Fauths und blieb ihm bis zu dessen Tod 1941 verbunden."), müsste die Stadt belegen und kann bis dahin getrost ignoriert werden. Eine Verbundenheit bestand sicherlich insofern, als Himmler Präsident der Forschungsorganisation "Ahnenerbe" war, bei der Fauth in seinen letzten Lebensjahren angestellt war.

Warum setzt die Stadt Bad Dürkheim dieses Mittel der Personalisierung ein ? Nun, ein Himmler und Hitler so nahestehender, angeblich persönlich protegierter und sogar bewunderter Wissenschaftler (erst recht bei fehlender wissenschaftl. Qualifikation) muss ja wohl ein strammer Nazi gewesen sein, sollen sich der Leser und die Leserin hier denken. Tatsächlich war der vielbeschäftigte Himmler nur Fauths ferner Boss in Berlin, der ihn gerade einmal in seiner Sternwarte kurz besuchte, von Hitler ganz zu schweigen.

Die Verleihung der Professur an Philipp Fauth 1939 wurde in der Tat vom Direktor der Universitätssternwarte München-Bogenhausen vehement bekämpft, sicher auch wegen Fauths fehlender akademischer Ausbildung, aber natürlich vor allem wegen seiner Rolle als bedingungsloser Verteidiger der falschen Welteistheorie. (Es mag auch nicht sehr förderlich gewesen sein, dass Philipp Fauth eines der leistungsstärksten Teleskope Deutschlands – sogar als Eigentümer – in Grünwald betrieb, in Sichtweite von Bogenhausen sozusagen.) Die Professur als Anerkennung seiner Lebensleistung war aber gerechtfertigt, wie man anhand der überragenden Bewertungen von Fauths Mondforschung, die man hier noch einmal nachlesen kann, nachvollziehen kann. Sogar Robert Henseling, Gründer der anerkannten populärwissenschaftlichen Zeitschrift "Die Sterne" und prominenter Gegner der Welteislehre, hielt diese aufgrund von Fauths astronomischen Arbeiten zum Mond für vollauf verdient [19]. Im gleichen Jahr 1939 wurde Fauth ganz ohne Himmlers Zutun zum Mitglied der Kommission 16 "Physikalische Beobachtungen der Planeten und Satelliten" der IAU (International Astronomical Union) mit Sitz in Paris gewählt [2,S.286]. Zuvor (1932) hatte die IAU bereits einen Krater auf dem Mond nach Fauth benannt. Die Zeit war ganz einfach reif für eine Ehrung von Fauths fünfzigjährigem Lebenswerk.

Das Deutsche Ahnenerbe e.V. war zu Fauths Lebzeiten (diese Einschränkung ist wichtig und sollte nicht böswillig unter den Tisch fallen gelassen werden) eine aus versch. Instituten bestehende Forschungsorganisation mit teils wissenschaftlichen und teils skurrilen Forschungsfeldern. Die Aussage "Die von Himmler ins Leben gerufene Institution des Ahnenerbes sollte die vermeintliche rassische Überlegenheit des 'arischen Menschen' auch 'wissenschaftlich' nachweisen." gilt für Teile des Ahnenerbes, aber Fauths Mondforschung kann man nun wirklich nicht unter dieser Unterschrift einordnen, genausowenig wie die Wetterforschung eines Scultetus, der eine Wettervorhersage mit Welteismodellen versuchte, oder etliche andere Abteilungen des Ahnenerbes.

Diese Technik des politischen Schreibens nennt man "Framing" (Einrahmung), d.h. die Stadt rückt Fauth in die Nähe von zweifelhaften Forschungszielen oder Personen (wie Himmler), gegen die sich leichter argumentieren lässt, um so ein schlechtes Licht auf Fauth zu werfen. Schon allein die fachliche und räumliche Trennung der Abteilungen und Institute legt nahe, dass das Ahnenerbe eine heterogene Organisation war. Konkret ging der um Expansion bemühte Ahnenerbegeschäftsführer Sievers auf Beutezug in der deutschen Wissenschaftsgemeinde, um möglichst renommierte Wissenschaftler an sein Haus zu binden und setzte damit durchaus einen anderen Schwerpunkt als Himmler [13]. Weitere Informationen zur Bewertung von Fauths Ahnenerbeanstellung und seiner "Ahnenerbe-Abteilung" (sogar mit einem Foto derselben) finden Sie hier.

Zur Meisterschaft gelangt das Framing der Stadt bei der Herausstellung der Korrespondenz Fauths mit dem in Deutschland lebenden germanophilen, demokratiekritischen und antisemitischen englischen Publizisten Houston S. Chamberlain zur Zeit des ersten Weltkriegs. "Als Bewunderer von Houston Stewart Chamberlain (1855-1927), einem der bedeutendsten Wegbereiter des rassistischen und ideologischen Antisemitismus in Deutschland, verbreitete er dessen Schriften ...". Und wer Chamberlains Schriften verteilt, muss dann wohl auch Antisemit sein, soll sich der Leser hier denken, ohne dass man es aussprechen muss. Anschließend wird die Rolle Chamberlains für den deutschen Antisemitismus und seine Unterstützung des frühen Hitlers und seine Parteizugehörigkeit zur kurzlebigen (1917-1918) Deutschen Vaterlandspartei (DVLP) thematisiert. Da hätte man auch noch erwähnen können, dass Chamberlain Verfasser einer Goethe-Biografie gewesen ist. Der kritische Leser fragt sich: was hat das alles mit Philipp Fauth zu tun ? Die Antwort lautet: Nichts, aber es wird schon etwas an Fauth hängenbleiben. Tatsächlich interessierte sich Fauth überhaupt nicht für Chamberlains Antisemitismus oder die Goethe-Biographie, sondern nur für dessen Kriegsschriften, in denen dieser Deutschland moralisch für den ersten Weltkrieg rüsten wollte, wenn man einmal versuchen will, es auf den allerkürzesten Nenner zu bringen. Der Stadt ist sich dessen sehr wohl bewusst, sie hat die Korrespondenz studiert und versucht hier, die Bürger und Bürgerinnen bewusst in die Irre zu führen. Mehr zu Fauths Chamberlain-Korrespondenz lesen Sie hier.

Die Selbstbezeichnung als "vielleicht ältester Nationalsozialist" machte Fauth bei der sog. Flaktruppepisode. Was würden Sie wohl sagen, wenn Ihnen die Pistolenkugeln um die Ohren flögen ? Mehr zur Flaktruppepisode finden Sie hier.

Wir erleben hier abermals den Versuch, den Ruf eines wissenschaftlich hochverdienten, aber wegen seiner Rolle als Verteidiger der Welteislehre auch ambivalenten pfälzischen Wissenschaftlers mit unredlichen Methoden zu schädigen.


Hitlers Reichstagsrede vom 30. Januar 1939

In einem Brief an den Lehrer Gaubatz vom 3. Februar 1939, in dem er sich hauptsächlich mit seiner Ernennung zum Professor befasst, erwähnt Fauth kurz seine Freude über die letzte Führerrede und die "Riesenblamage des Auslandes, besonders unserer dreierlei 'Freunde'", womit vermutlich England, Frankreich und die USA gemeint sind. Hier sieht die Stadt Bad Dürkheim wieder eine verwerfliche Gesinnung manifestiert, weshalb der Hintergrund dieser Bemerkung hier gründlich aufgeklärt werden soll.

Hitlers Rede vor dem Deutschen Reichstag am 30. Januar 1939 dauerte zweieinhalb Stunden und umfasst 58 Seiten in der gedruckten Fassung [23], die von Hitler angesprochenen Themen sind vielfältig. Hitler brüstet sich des friedlich gelösten Anschlusses deutsch besiedelter Gebiete wie oben genannt, welches der Weimarer Republik nicht gelungen sei, nennt den Versailler Vertrag mit seinen ungeheuren Reparationsforderungen an Deutschland, deutet die 'wahren' Gründe für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs (Ausschluss Deutschlands als Konkurrent vom Welthandel), benennt die dringend notwendige Teilnahme Deutschlands am Welthandel als resourcenarmes und auf Lebensmitteleinfuhren angewiesenes Land, verharrt lange bei der Wegnahme der Kolonien als mögl. Entwicklungsraum des Landes, welches Wilsons 14 Punkten widersprochen habe, und fordert deren Rückübertragung, redet von Wirtschaftspolitik, Inflationsbekämpfung, der Notwendigkeit erhöhter Rüstung, u.v.m., natürlich durchsät von Lügen und teilweise grotesken Verdrehungen der Wahrheiten, wie uns heute klar ist, wenn Hitler bspw. Churchill und andere westliche Politiker als "Kriegsapostel" (S. 41) bezeichnet und behauptet, dass "alle Behauptungen über Angriffsabsichten unseres Volkes auf fremde Völker entweder aus krankhafter Hysterie geborene oder aus der persönlichen Selbsterhaltungssucht einzelner Politiker entstandene Lügen sind" (S. 42) und "die ungeheuerlichste Verleumdung darstellen, die man einem großen und friedlichen Volk antun kann" (S. 43).

In einem die Juden betreffenden Teil der Rede (auf vier Seiten) macht er deutlich, dass Deutschland die Umsiedlung aller Juden aus Deutschland erreichen wolle ("Wir sind entschlossen, das Einnisten eines fremden Volkes, das sämtliche Führungsstellen an sich zu reißen gewußt hat, zu unterbinden und dieses Volk abzuschieben.", S. 47), und sieht Doppelmoral bei den Siegermächten am Werk, die diese nicht aufnehmen wollten (Stichwort Konferenz von Évian). "Die Welt hat Siedlungsraum genug" (S. 48). (Nur) im Falle eines Deutschland aufgezwungenen Krieges droht er den Juden schlimmste Konsequenzen an:

Ich will heute wieder ein Prophet sein: Wenn es dem internationalen Finanzjudentum in- und außerhalb Europas gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, dann wird das Ergebnis nicht die Bolschewisierung der Erde und damit der Sieg des Judentums sein, sondern die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa. (S. 46)

Was werden sich die Zeitgenossen bei diesen Worten gedacht haben ? Auf das (geringe) Zeitungsecho auf diese Drohung wird später noch eingegangen werden. Wahrscheinlich sah man diese 'Prophezeiung' als eine Übertreibung und nur als einen weiteren Versuch an, die Juden zum Auswandern zu bewegen und den Druck auf die Westmächte und das Ausland zu erhöhen, die Quoten für die Einwanderung deutscher Juden auszuweiten. Die Wandlung vom Vertreibungs- zum Vernichtungsziel der Juden wird nach heutiger Meinung frühestens auf den Beginn des Polenfeldzugs am 1. September 1939 datiert [24]. Aus unserem heutigen Wissen heraus lässt die 'Prophezeiung' natürlich erschaudern.

Anschließend geht Hitler weitere zehn Seiten lang wieder auf andere Dinge ein, z.B. auf die Kirchenpolitik des Dritten Reichs und das besondere Verhältnis zu Italien und Japan. Ab S. 56 gibt Hitler einen Abriss über die außenpolitischen Beziehungen Deutschlands und betont dabei seinen Friedenswillen:

Ich aber glaube an einen langen Frieden. (S. 56) Ich habe mehr als oft genug erklärt, daß es keinen Deutschen und vor allem keinen Nationalsozialisten gibt, der auch nur in Gedanken die Absicht besäße, dem englischen Weltreich Schwierigkeiten bereiten zu wollen. [...] Es würde ein Glück sein für die ganze Welt, wenn die beiden Völker zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit gelangen könnten. Das gleiche gilt für unser Zusammenleben zu Frankreich. (S. 57)

In diesen Tagen jährt sich zum fünftenmal der Abschluß unseres Nichtangriffspaktes mit Polen.[...] Der große polnische Marschall [Jozef Pilsudski] und Patriot hat seinem Volk damit einen genau so großen Dienst erwiesen wie die nationalsozialistische Staatsführung dem deutschen. Auch in den unruhigen Monaten des vergangenen Jahres war die polnisch-deutsche Freundschaft eine der beruhigenden Erscheinungen des europäischen politischen Lebens. (S. 57)

Ein Staat, der seit dem großen Kriege zunehmend in das Blickfeld unseres Volkes geraten war, ist Jugoslawien. Die Hochachtung, die einst die deutschen Soldaten vor diesem tapferen Volk empfunden haben, hat sich seitdem vertieft und zu einer aufrichtigen Freundschaft entwickelt. (S. 57)

Deutschland ist glücklich, heute im Westen, Süden und Norden befriedete Grenzen besitzen zu dürfen. (S. 58)

Der Osten ist ausgeklammert (Danzig, polnischer Korridor). Elsass-Lothringen fordert Hitler somit nicht von Frankreich zurück, sondern nur die Rückgabe der ehem. deutschen Kolonien (S. 56).

Deutschland wünscht, wie mit allen Ländern, so auch mit Amerika, Frieden und Freundschaft. Es lehnt eine Einmischung in amerikanische Verhältnisse ab und verbittet sich ebenso entschieden jede amerikanische Einmischung in die deutschen. (S. 59)

Nach einem kurzen Ausflug in die deutsche Geschichte beendet Hitler seine Rede mit einem Dank an "Gott den Allmächtigen" für das Erleben "dieser Zeit und dieser Stunde" !

Welche Teile dieser zweieinhalbstündigen Rede griff die Presse nun heraus ?

Die Frankfurter Zeitung vom 31.01.1939, die, wiewohl formal auf Linie, des öfteren versuchte, durch kreative Techniken abweichenden Ansichten zu transportieren, und immer noch um Welten seriöser als die NS-Blätter war [25], referiert unter der Überschrift "Kraftvoll und friedlich" relativ lange und gründlich und in deutlicher sprachlicher Abmilderung über die vielen Punkte und greift die beiden Botschaften "Ich glaube an einen langen Frieden" und "Enges Miteinander mit Italien und Japan" heraus. Die Aussagen zur Abschiebung von Juden oder die 'Prophezeiung' einer Judenvernichtung werden nicht erwähnt.

Die Münchner Neuesten Nachrichten (MNN), die Vorgängerin der Süddeutschen Zeitung (SZ), die nachweislich von Fauth gelesen wurde, druckt die ganze Rede Hitlers ab, inklusive redaktioneller Artikel nimmt dies fünf große Zeitungsseiten in Anspruch. Die Schlagzeile lautet "Großdeutschlands unerschütterliche Weltstellung" mit den Unterschriften "Bewährungsprobe der jungen Wehrmacht / Export eine Lebensfrage / Unabdingbarer Kolonialanspruch / Die Judenfrage ein Weltproblem". Die MNN nennt die Rede in ihrem Leitartikel (Franz Geisler) explizit eine Friedensrede und wiederholt die Aussage "Ich glaube an einen langen Frieden". Geisler erwähnt immerhin in einem von acht Absätzen Hitlers Aussagen zur Judenfrage inklusive der "Prophezeiung" der Vernichtung und betont die deutsche Absicht, das "jüdische Weltproblem" lösen zu wollen (womit die Abschiebung in andere Länder gemeint ist - daher ein Weltproblem).

Der engl. Daily Express vom 31.01.1939 schlagzeilt die folgenden Botschaften: "Ich glaube an einen langen Frieden", "Hitler sagt, Deutschland müsse exportieren oder sterben", "Keine Forderungen an Britannien außer [der Rückgabe der] Kolonien - und deswegen [sei] kein Krieg nötig", "Werden Export fördern", und "An der Seite Italiens".

Die New York Times vom selben Tag liest aus der Rede vor allem den deutschen Wunsch nach der Rückübertragung der ehemaligen Kolonien als Ventil für Überbevölkerung und als Handelspartner und Rohstoffquelle heraus, womit sie die eher vagen Ausführungen Hitlers bereits deutlich konkretisiert, um sie sogleich mit den tatsächlichen Verhältnissen vor dem Ersten Weltkrieg zu vergleichen und offen zu bezweifeln, dass die deutsche Regierung wirklich daran glaube. Die NY Times zitiert sogar "Mein Kampf", in dem Hitler den zukünftigen Lebensraum vor allem im Osten sieht und spekuliert anschließend über die Gründe für diese 'Nebelkerze' der Rückgabe der ehem. Kolonien in Afrika. Respekt für diese gute Analyse ! England lehne eine Rückgabe schon alleine deswegen ab, weil man keinesfalls eine "rückständige Rasse" der Behandlung Deutschlands überantworten könne. Keine Erwähnung von Judenabschiebung oder Vernichtungsprophezeiung.

Am folgenden Tag geht der Berliner Korrespondent der NY Times noch einmal in einem kurzen Artikel ("Deutschland stolz auf Hitlers Macht") auf die Reaktionen in Deutschland auf Hitlers Rede ein. Die deutsche Presse freue sich, dass die Welt zuhöre, wenn Hitler spreche. Und: "Die [deutsche] Presse, vor allem weil die Leserschaft dies auch hören will, legt das Hauptaugenmerk darauf, wie Hitler mit seiner Erklärung, er glaube an einen langen Frieden, 'Kriegstreiber' und ihre 'Kriegshysterie' verwirrt habe, und manche Zeitungen sehen schon Hitler [dem engl.] Premierminister Neville Chamberlain ["Peace for our time"] den Friedenslorbeer streitig machen." Fauths Aussage der "Riesenblamage des Auslandes" ist wohl genau so zu verstehen: alle im Ausland, die Deutschland als Kriegstreiber hingestellt hätten, seien nun Lügen gestraft worden. Auch in diesem Artikel keine Erwähnung der Vernichtungsprophezeiung.

Der Autor stellt fest: die breite Erwähnung der die Juden betreffenden und anderer hässlicher Passagen der Rede Hitlers im Gutachten der Stadt Bad Dürkheim [26] und die nur kurze und beiläufige Nennung seiner Friedensäußerungen (wiewohl im Rückblick eine Täuschung der Öffentlichkeit) entsprach nicht der Wahrnehmung und der Darstellung der Presse und damit der Zeitgenossen, so dass Fauth, wenn überhaupt, die Aussagen zur angedrohten Judenvernichtung als eine von vielen wahrnahm und dann wie die anderen Mitbürger als Übertreibung beiseite schob, weil die kaltblütige Ermordung eines Volksteils schlicht unvorstellbar war.

Warum hätte Fauth seiner Freude über eine 'Friedensrede' Hitlers (die im Rückblick nur eine Täuschung war) keinen Ausdruck geben dürfen ? Fauth hoffte wie die ganze Welt, dass Hitlers "langer Frieden" halten würde.


Referenzen

  1. Nachlass Philipp Fauth, Landesbibliothek Speyer, N18
  2. Fauth, Hermann: Philipp Fauth. Leben und Werk. Institut für Geschichte der Naturwissenschaften München. Heft 9. Hrsg. von Freddy Litten. München: 1993
  3. Stadt Bad Dürkheim: Anmerkungen zu Philipp Fauth. dialog.bad-duerkheim.de, archivierte Projekte: 2023
  4. Archiv Deutsches Museum, Nr. NL_041 Nr. 064
  5. [1], Tagebuchblatt, eingeordnet unter Briefe Löbering
  6. Schreiben des Bundesarchivs Berlin vom 21.11.2022 an den Verfasser
  7. [1], Brief von Fauth an Jakob Gaubatz, unvollständig [erstes Blatt fehlt], Datum unbekannt, Schätzung 1933-1938 durch Hermann Fauth
  8. Schreiben des Bundesarchivs Berlin vom 09.03.2023 an den Verfasser
  9. [1], Brief von J. Gaubatz an Hermann Fauth, vom 13.06.1948
  10. Stefan Klemp: Nicht ermittelt. Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz. Ein Handbuch. 3. Auflage, Metropol, Berlin 2022, ISBN 978-3-86331-588-7
  11. Schreiben des Bundesarchivs Berlin vom 28.04.2023 an den Verfasser
  12. Wikipedia "Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe"
  13. Reitzenstein, Julien: Himmlers Forscher. Wehrwissenschaft und Medizinverbrechen im Ahnenerbe der SS. Paderborn: 2014
  14. Reitzenstein, Julien: Himmlers Forscher. Wehrwissenschaft und Medizinverbrechen im Ahnenerbe der SS. Paderborn: 2014, S. 267
  15. Stadt Bad Dürkheim [verfasst von J. Reitzenstein, der aber in der Schrift ungenannt bleibt]: Bad Dürkheimer Persönlichkeiten im Nationalsozialismus. Ergebnis der historischen Aufarbeitung. Philipp-Fauth-Straße. Zurückgezogen [ursprgl. veröffentlicht unter dialog.bad-duerkheim.de]: 2022
  16. Fauth, P.: Briefe an H.S.Chamberlain 1915-1923, Nationalarchiv der Richard-Wagner-Stiftung, Bayreuth
  17. Bermbach, Udo: Houston Stewart Chamberlain: Wagners Schwiegersohn, Hitlers Vordenker. Stuttgart, 2015
  18. Nagel, Brigitte: Die Welteislehre. Ihre Geschichte und ihre Rolle im "Dritten Reich". Berlin, 2000
  19. Henseling, R.: Umstrittenes Weltbild. Astrologie. Welteislehre. Um Erdgestalt und Weltmitte. 1. Aufl.. Leipzig: 1939 nach Nagel, Brigitte: Die Welteislehre. siehe oben, S. 11
  20. Fauth, Philipp: Lebenslauf 1938. National Archives Washington RG242, T580, Roll 195.
  21. Nagel, Welteislehre, S. 75,122
  22. Reitzenstein. S.45, 268 und Kater, M.H.: Das "Ahnenerbe" der SS 1935-1945, 4. Aufl. München 2006.
  23. Hitler, Adolf: Der Führer vor dem ersten Reichstag Großdeutschlands. Reichstagsrede vom 30. Januar 1939. München: 1939
  24. Wikipedia (dt.): Endlösung der Judenfrage
  25. Wilke, Jürgen: Eine Insel der Freiheit, FAZ.NET. 16.11.2016 und Paupié, Kurt: Frankfurter Zeitung (1856-1943). In: Deutsche Zeitungen des 17. bis 20. Jahrhunderts, Pullach, 1972, S. 252 ff
  26. Stadt Bad Dürkheim. Anmerkungen. S. 44